2. Bundesliga (D), 29.546 Zuschauer, 5:2
Nach dem Wolfsburg - Spiel am Vortag und ausreichend Schlaf in einem Hamburger Appartement sollte es für Hannes und mich heute zum FC St. Pauli gehen. Der ganze Tag steht im Zeichen von plötzlichen Wetterveränderungen. Sonne - Starkregen - Sonne - Hagel - Starkregen - Sonne lautet der heutige Wetterverlauf. "In Hamburg ändert man seine Pläne nicht wegen des Wetters." haben wir gestern von einem afghanischen Taxler erfahren. Genau nach diesem Motto starten wir unseren Tag.
Bevor es ans Millerntor geht, wird noch die Stadt unter die Lupe genommen, natürlich sind hier einige Erinnerungen vom letzten Aufenthalt vor 6 1/2 Jahren hochgekommen, als der SK Rapid beim HSV zu Gast war.
Der Stadtrivale vom HSV trifft heute in der letzten Runde der 2. Bundesliga auf den 1. FC Kaiserslautern. St. Pauli liegt am hervorragenden 4. Tabellenplatz, den Relegationsplatz kann man heute jedoch nicht mehr erreichen. Die Absicherung von Rang 4 wird heute als Ziel ausgegeben. Der FCK ist hingegen mit seinem Mittelfeldplatz bestimmt nicht zufrieden.
Das Millerntor-Stadion wurde mehrmals umgebaut und hat seit dieser Saison eine Kapazität von 29.546 Plätzen. Das Spiel ist - so wie der Großteil der Spiele hier - schon seit Wochen ausverkauft. 2 Stunden vor Beginn holen wir unsere reservierten Karten ab. Schon jetzt ist hier der Bär los. Wir kosten diese einzigartige Stimmung hier so richtig aus - unter anderem in der Vereinsgaststätte, die - so wie das ganze Stadion - einen angenehm altmodischen, fast schon schmutzigen Touch hat.
In dieser Gaststätte wird übrigens Punk aufgelegt. Alles andere würde hier auch nicht stimmig sein. Ein Punk-Oldie mit Nietenlederhose trägt ein Shirt mit der Aufschrift "Punk! Du Arsch!!". Über die Eintrittskarte mit der Aufschrift "Scheiss St. Pauli" brauch ich keine weiteren Worte verlieren ... So etwas geht wohl nur bei diesem Verein. Schön zu sehen, dass der Mythos St. Pauli tatsächlich gelebt wird.
Nach einem "leckeren Backfischsemmerl" geht es auf unsere Plätze. Wir befinden uns in der Nähe des Auswärtssektors. Der Auswärtsmob wird vom Gastgeber mit dem "Betzelied" begrüßt. Unvorstellbar, dass die Vereinshymne der Gastmannschaft gespielt wird. Die FCK-Fans singen ihre Hymne lautstark mit und brüllen kurze Zeit später - ganz nach dem Motto der Eintrittskarte - ein lautstarkes "Scheiss St. Pauli" zu den Heimfans.
Hells Bells hab ich schon auf mehreren Sportplätzen beim Einlauf der Mannschaften gehört, doch das sollte verboten werden, denn hergehören tut es nur hier! Gänsehaut! Die nicht ganz fehlerlose Choreo geht da fast ein wenig unter.
Das 0:1 in der 4. Minute wird in der 5. Minute egalisiert. Mein Sitznachbar ist schon jetzt aus dem Häuschen: "Meine Fresse! Was geht denn hier ab?" Song 2 als Torjingle und das tobende Stadion bringen die nächste Gänsehaut! Die Stimmung auf den Rängen ist grandios, Respekt auch an die Gäste aus der Pfalz. Die sind 90 Minuten sehr gut unterwegs. Auf das Spiel geh ich jetzt nicht mehr ein, am Ende steht ein 5:2 auf der Anzeigetafel!
Vor dem Spiel hatte ich fast damit gerechnet, hier enttäuscht abzureisen. Die Erwartungen sind hier einfach größer als anderswo, weil zu oft können diese dann nicht erfüllt werden. In diesem Fall ist dies gottlob nicht der Fall - ganz im Gegenteil, ich habe mich hier sofort wohlgefühlt. Die Stimmung und vor allem das Ambiente machen aus diesem Club tatsächlich etwas Besonderes.
Somit geht auch dieses erlebnisreiche Wochenende viel zu schnell zu Ende. Mein Reisebegleiter Hannes hat diesen Ausflug mit dem bekannten Zitat : "Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen." zusammengefasst. Wie wahr! Wie wahr!
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